Aus der Krise gelernt: Ein Interview mit Genival Moraes de Farias
Für ihre Masterthese – Die Auswirkungen der Dürre auf die Lebensbedingungen der armen Stadtbevölkerung und deren Anpassung an die Wasserknappheit in der Stadt São Paulo – führte die STÄDTE OHNE HUNGER-Praktikantin Annina Greter ein Interview mit dem Gemeinschaftsgärtner Genival Moraes de Farias.
Darin berichtet der Pionier der städtischen Landwirtschaft São Paulos über seine ganz persönlichen Erfahrungen mit der Wasserkrise, die in den Jahren 2014 und 2015 in São Paulo herrschte, und darüber, was er aus der Krise gelernt hat.
Wie viele Kunden kaufen täglich bei Ihnen ihr Gemüse ein?
Im Schnitt habe ich 30 Kundeninnen und Kunden pro Tag – an sechs Tagen in der Woche.
Wie und wie oft bewässern Sie Ihren Garten?
Zwei Mal pro Tag wässere ich die jungen Pflanzen. Die älteren Pflanzen haben bereits genügend tiefe Wurzeln entwickelt, so dass sie das Wasser aus dem Boden ziehen können. Dementsprechend benötigen sie weniger Wasser.
Zur Bewässerung nutze ich das Wasser von Sabesp, dem staatlichen Wasserversorger. Zudem habe ich neun Zisternen, über die ich Regenwasser auffange, falls die Sabesp kein Wasser zur Verfügung stellt. Dies ist in der Vergangenheit schon häufiger vorgekommen. Auch bei längeren Trockenperioden bin dankbar, dass ich die Zisternen habe.
Haben Sie im Hinblick auf Trockenperioden spezifische wassersparende Methoden entwickelt?
Ja, unter anderem lege ich Matten aus Stroh auf die Beete, damit weniger Wasser verdunstet. Außerdem bewässere ich am Abend, sodass das Wasser über Nacht gut einsickern kann.
In den Jahren 2014 und 2015 herrschte in São Paulo eine schwere Wasserkrise. Wie hat sich diese auf Ihren Garten ausgewirkt?
Während der Wasserkrise haben wir sehr gelitten: Über einen längeren Zeitraum war das gesamte Viertel São Mateus, in dem sich der Garten befindet, an mindestens zwei Tagen pro Woche ohne Wasser. Dies liegt daran, dass São Mateus höher gelegen ist. Der Wasserversorger Sabesp hatte während der Wasserkrise insbesondere an den Nachmittagen den Druck in den Leitungen verringert. Damit sollte erreicht werden, dass die Bewohner von São Paulo, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommen, weniger Wasser verbrauchen. In der kritischen Phase waren wir sogar jeden Abend ohne Wasser.
Welche Maßnahmen haben Sie damals getroffen?
Wenn wir Wasser hatten, habe ich morgens und abends nur das Nötigste bewässert. Auch wenn wir mehr Wasser zur Verfügung gehabt hätten, hätte ich dies nicht für den Garten nutzen können. Sabesp hat damals nicht nur den Wasserdruck verringert. Auch die Preise hat der Wasseranbieter drastisch erhöht: Ab einem gewissen Wasserverbrauch mussten Verbraucher nahezu den doppelten Preis pro Kubikmeter zahlen.
Wie hat sich diese Situation auf Ihren Garten und Ihre Erträge ausgewirkt?
Ich habe damals einige Beete verloren, da ich nicht genügend Wasser zur Verfügung hatte. Dementsprechend habe ich weniger Gemüse verkaufen können, was mit finanziellen Einbußen verbunden war.
Während der Wasserkrise war es zudem sehr heiß. Die Beete waren also nicht nur trocken, sondern auch die Hitze trug dazu bei, dass die Salate nicht so schön wuchsen. Der Kunde isst mit den Augen und erwartet immer schönen, großen Kopfsalat – egal ob es eine Wasserkrise gibt oder nicht.
Fehlte auch bei Ihnen zu Hause das Wasser?
Nein, denn wir sind sehr sparsam mit Wasser umgegangen und haben es für mehrere Zwecke wiederverwendet.
Haben sich seit dieser Krise Ihre Anbautechniken verändert?
In der Krise habe ich gelernt, das Material, das mir im Garten zur Verfügung steht, optimal zu nutzen: Ich schneide die Stämme der Bananenstauden auf und lege diese auf die Beete. Da diese Stämme sehr viel Wasser enthalten, kann so ein Beet bis zu zwei Tage ohne Bewässerung auskommen. Zudem arbeite ich noch heute vermehrt mit Stroh, mit dem ich – wie beschrieben – die Beete abdecke. Schließlich baue ich heute vermehrt Gewürze an, da diese weniger Wasser benötigen.
Wie kam es Ihrer Meinung nach zu der Wasserkrise?
Meiner Meinung nach hatte die Krise mehrere Gründe. Einerseits fehlte der Regen, da der Wald der São Paulo umgeben hat, abgeholzt wurde.
Andererseits hat die Stadt schon seit über 20 Jahren keine Erneuerungen an den Wasserreservoiren vorgenommen. Zudem wurden viele Bäche und Flüsse, die ursprünglich in die Wasserreservoire geflossen sind, wurden damals trockengelegt. Heute werden die Reservoire fast ausschließlich mit Regenwasser aufgefüllt.
Würde Ihr Garten eine weitere Wasserkrise verkraften?
Wahrscheinlich ja, dank der Erfahrungen aus der letzten Krise. Ich gehe heute deutlich sparsamer mit Wasser um. Früher habe ich beispielsweise mein Auto mit dem Gartenschlauch gewaschen. Das ist für mich heute undenkbar. Natürlich benutze ich dazu einen Eimer und einen Schwamm.