Hintergrund
Wer waren die wesentlichen Projektfinanzierer?
Zweckgebundene Projektspenden: R$ 26.000 (€ 6.010)
Wann wurde der Nutzungsvertrag geschlossen?
2009
Mit wem wurde der Nutzungsvertrag geschlossen?
Eletropaulo (heute Enel)
Wo befindet sich die Fläche?
Rua Professor José Décio Machado Gaia, 50 – Bairro São Mateus – São Paulo/SP
Wie groß ist die Fläche?
8.060 Quadratmeter
Wie viele Gemeinschaftsgärtner werden die Fläche bewirtschaften?
4
Wer koordiniert die Fläche?
Sebastiana Helena de Farias (*10.02.1951)
Wann wurde mit der Arbeit an und auf der Fläche begonnen?
2009
Referenzprojekt von STÄDTE OHNE HUNGER
Der im Jahr 2009 begonnene urbane Gemeinschaftsgarten São Mateus 3 hat sich im Verlauf der Jahre zum Referenzprojekt von STÄDTE OHNE HUNGER entwickelt.
Kurzfilm über das Projekt Gemeinschaftsgärten von STÄDTE OHNE HUNGER mit Genival de Morais Farias
Gemeinschaftsgarten São Mateus 3: Sebastiana Helena de Farias übernimmt die Koordination
26.11.2017. Genival de Morais Farias, Gemeinschaftsgärtner und Pionier der städtischen Landwirtschaft in São Paulo, ist Anfang Oktober 2017 an den Folgen eines schweren Schlaganfalls gestorben. Seine Ehefrau Sebastiana Helena de Farias übernimmt nun die Koordination des Gemeinschaftsgartens. Francisco, ein Landarbeiter, den Genival bereits eingestellt hatte, hilft Sebastiana bei der täglichen Arbeit. Sein Gehalt trägt die erfahrene urbane Landwirtin selbst.
Nach Genivals plötzlichen Tod wird Sebastiana auch durch das Team von STÄDTE OHNE HUNGER tatkräftig unterstützt.
Senhor Genival – ein Pionier der städtischen Landwirtschaft
Die Entstehungsgeschichte des Gemeinschaftsgartens São Mateus
23.03.2017. Pioniere schaffen es nicht immer auf die Titelseite, machen jedoch immer einen Unterschied in ihrer Umgebung. Genival Moraes de Farias ist solch ein Pionier, denn seit fast zehn Jahren betreibt er einen der erfolgreichsten urbanen Gemüsegärten der Megastadt São Paulos. Hier seine Geschichte.
Auf den ersten Blick unterscheidet sich der Lebenslauf von Senhor Genival nicht sonderlich von dem zahlreicher anderer Brasilianer, die in den 1970ern und 1980ern aus dem armen Nordosten in den reicheren Südosten zogen, um dort ihr Glück zu suchen. Senhor Genival kam mit Anfang 20 in São Paulo an und schlug sich über 30 Jahre mit verschiedenen Jobs durch. Häufig arbeitete er in Supermärkten oder als Auslieferer, während seine Frau Sebastiana die brasilianische Maniokspezialität „Tapioca“ auf der Straße verkaufte.
Als Sohn einfacher Bauern fühlte sich Senhor Genival jedoch nie richtig wohl in der Betonwüste São Paulo, die immer rasanter anwuchs. Also fing er an, auf einem verlassenen Grundstück neben seinem Haus Maniokwurzeln, Mais und Bohnen anzupflanzen. Die sehr kleine Fläche reichte jedoch schnell nicht mehr aus, um Senhor Genivals Sehnsucht nach guter Erde und gesundem Essen zu stillen.
Der Wunsch nach einem Stück Land, auf dem er sowohl den Boden als auch die Pflanzen kultivieren konnte, wurde so stark, dass er sich an seinen Pfarrer wendete. Diesem kam eine Fläche in der Nähe, mitten in São Mateus, einem der ärmsten Viertels São Paulos, in den Sinn. Diese 8.000 Quadratmeter große Fläche war jedoch voller Müll und Bauschutt. Senhor Genival ließ sich von seiner Mission nicht abbringen und begann sofort mit der Säuberung der Fläche.
Schon bald wuchsen darauf viele Maniokwurzeln, Bohnen und zahlreiche Bananenstauden. Der Zugang zu Setzlingen, Samen, Werkzeug und Dünger stellte jedoch ein großes Problem für den frischgebackenen städtischen Kleinbauern dar. Ohne Auto und Geld für Investitionen schlug sich Senhor Genival während der ersten drei Jahre mehr schlecht als recht durch.
Seinerzeit sah sein Sohn einen Beitrag über die STÄDTE OHNE HUNGER im brasilianischen Fernsehen. Natürlich dachte er sofort an seinen Vater und rief bei Organisationsgründer Hans Dieter Temp an. Dieser wollte Senhor Genival gern kennenlernen. Bereits während des ersten Treffens wurde die Partnerschaft besiegelt.
Durch eine Spende, die STÄDTE OHNE HUNGER zum damaligen Zeitpunkt aus Deutschland erhalten hatte, konnten Werkzeug, Samen, Setzlinge, Dünger, Sonnen- und Regenschutz gekauft werden. Das technische Team der NGO beriet den städtischen Landwirt und half unter anderem bei der Bodenbearbeitung und dem Anlegen eines Komposthaufens.
Auf diese Unterstützung kann sich Senhor Genival auch heute, acht Jahre später, noch verlassen. Zusammen mit seiner Ehefrau, Dona Sebastiana, und drei weiteren Familien teilt er sich die Fläche, auf der unentwegt frisches, pestizidfreies Gemüse produziert wird. Die Bewohner des Viertels wissen die Bio-Qualität zu schätzen und kaufen lieber frisch vom Acker als aus dem Supermarktregal.
Doch nicht nur deswegen zieht der Gemeinschaftsgarten „Horta de São Mateus“ (Gemüsegarten São Mateus) viele Menschen an. Wer Senhor Genival über seine Pflanzen reden hört, spürt die große Leidenschaft, die er für „Mutter Erde“, wie er sie nennt, empfindet. Häufig spricht Senhor Genival über den Boden, auf dem er steht: „Hier gibt es keine Chemikalien. Wir müssen achtsam mit unserer Erde umgehen, sie pflegen und kultivieren.“
Ihre spürbare Leidenschaft, die große Erfahrung und ihr ausgesprochen sympathisches Wesen machen Senhor Genival und Dona Sebastiana zu wichtigen Vertrauten und Ratgebern für die Bewohner des Viertels. Vor allem bei Krankheiten werden die Gemeinschaftsgärtner zuraten gezogen, denn ihr Wissen über Heilpflanzen ist immens.
Viele kommen auch einfach nur um für fünf Minuten in die städtische Gartenoase, um dem Großstadtstress zu entfliehen und die vielen Schmetterlinge und Blumen zu bewundern.